Warum soll sich die Vertreterversammlung für Sie als Präsident entscheiden?
Weil ich mich einsetze für die Freiheit des ärztlichen Berufs, gegen Bevormundung von außen. Ich kenne das Krankenhaus und die Praxis. Ich stehe mitten im Beruf, bilde regelmäßig junge Kollegen weiter. In zahlreichen Gremien der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung habe ich gelernt, erst zuzuhören und mir dann meine Meinung zu bilden. Ich bin vernetzt, auch mit der der Politik. Ich suche den Ausgleich und verliere das Ziel nicht aus den Augen.
Was würden die Schwerpunkte Ihrer Vorstandsarbeit sein?
Die neue Weiterbildungsordnung muss sinnvoll umgesetzt werden. Unsere Fortbildung muss frei sein von finanziellen Interessen. Der Service für die Kollegen muss stimmen, auch mit einem modernen Portal. Die Telemedizin werde ich eng begleiten. Viele ehrgeizige Projekte laufen bereits. Das wird eine eigene Dynamik entwickeln, wenn die sichere Vernetzung steht. Die Fernbehandlung ist davon ein Teilaspekt. Ich will Ärztinnen und Ärzte wieder zusammenbringen, auch mit fachübergreifenden ethischen Themen. Ich will die Ärzteschaften und Bezirksärztekammern stärken, die Kammer vor Ort. Dafür werde ich in den Gremien werben. Notfallversorgung, hausärztliche Versorgung, Spitzenmedizin, gesunde Lebensbedingungen, das sind Aufgaben für uns und für die Gesellschaft. Hier müssen wir als Ärztekammer mitgestalten.
Die Novellierung der Weiterbildungsordnung steht demnächst an. Sie waren in den letzten Jahren Mitglied des Weiterbildungs-Ausschusses. Wohin geht die Reise; welche „Duftmarken“ setzen Sie hier?
Die Weiterbildung ist das Fundament, die WBO der Bauplan dafür. Das Fundament legen die Kollegin-nen und Kollegen heute oft in Teilzeit, parallel an ver-schiedenen Einrichtungen. Das muss möglich sein, auch neben einer eigenverantwortlichen Tätigkeit. Die Quali-tät zählt, nicht der Status. Das müssen wir in unsere Satzung schreiben. Genauso wichtig sind die Befug-nisse, auch für die Arbeitsverträge und bei der Förde-rung der Weiterbildung. Wir brauchen hier zügige, klare Verfahren und Spielraum für Einzelfälle, im Zweifel für die Kollegen und nicht für den Buchstaben. Das dürfen wir uns nicht verbauen.
Auch an der Weiterentwicklung der Berufsordnung haben Sie in den letzten Jahren mitgearbeitet. – Ihre Vision für deren Zukunft?
Wir tragen Verantwortung für das Leben und die Ge-sundheit der Menschen. Alles was wir als Ärzte tun, muss dieser Verantwortung gerecht werden. Entscheidungen müssen individuell im Kontakt mit dem einzelnen Patienten getroffen werden mit hohem fachlichem Anspruch, auch in der Fernbehandlung. Das müssen wir gewährleisten. Gerade wenn wir neue Wege gehen, muss die Grundlage stabil sein. Ich wünsche mir eine Berufsordnung, die noch klarer, noch einfacher ist. Sie soll die Berufsausübung, auch die Kooperation ermöglichen, nicht verhindern.
Was qualifiziert Sie besonders für das Präsidenten-Amt und welche Vorerfahrungen haben Sie?
Vor allem meine tägliche Erfahrung als Arzt: Ich erlebe Budgetdruck, Regresse, die knappe Zeit für die Patienten hautnah. Als Bezirksbeirat der KV weiß ich, wo in der Praxis der Schuh drückt. Vom Aufsichtsrat unseres Klinikverbunds kenne ich die Situation der Krankenhausärzte. In der Kammer bin ich zuhause, von der Kreisärzteschaft bis zum Deutschen Ärztetag. Meine Schwerpunkte bisher sind Weiterbildung, Finan-zen und Notfallmedizin. Ich vermittle als Vorsitzender des Widerspruchausschusses beim Vorstand der Lan-desärztekammer in kniffligen Fragestellungen. Meine Erfahrung als ehrenamtlicher Richter, manche überstan-denen Stürme im Gemeinderat, im Kreistag helfen mir dabei.
Für welches berufspolitische Lager treten Sie an?
Für die Ärzte. Wirklich gute Lösungen sind gut für alle, das ist meine feste Überzeugung. Als Student bin ich in den Hartmannbund eingetreten. „Für alle Ärzte“, das hat mir gefallen. Als Gewerkschafter im Krankenhaus wurde ich Mitglied im Marburger Bund, nach der Nie-derlassung Gründungsmitglied von MEDI. Auch hier ist die fachübergreifende Zusammenarbeit entscheidend. Wir brauchen starke Verbände und den Blick fürs Ganze. Dafür trete ich an.
Wo wird die Landesärztekammer nach vier Jahren stehen, wenn Sie gewählt werden?
Näher bei den Kolleginnen und Kollegen. Wir sind in der Weiterbildung und Fortbildung schneller und effektiver geworden. Die Anfragen an die Kammer neh-men zu, weil die Kollegen jetzt erkannt haben, dass sie dort vernünftige Antworten bekommen. Die Ärzte kennen ihre Ärzteschafts-Vorstände und ihre Dele-gierten persönlich. Die Bezirksärztekammern arbeiten enger zusammen, jeder bringt seine Stärken ein, es muss nicht alles viermal erfunden werden. Das Ministerium, die Abgeordneten, die Bürgermeister wenden sich an Ihre Partner in der Kammer, weil es sich lohnt mit ihnen zu reden.
Wie lässt sich das angestrebte Amt mit Ihrer beruflichen Tätigkeit verbinden?
Ganz gut: Seit vier Jahren sind wir zu zweit in der Praxis, schon heute vertritt mich ein weiterer Kollege, wenn ich unterwegs bin. Vorstandtermine im Bezirk und im Land, acht Ausschüsse und Arbeitskreise, Rechnungsführer in Nordwürttemberg, Beauftragter für Notfallmedizin, daneben bei der KV im Bezirksbeirat und im Zulassungsausschuss - das hat bisher funktioniert. Die Arbeit in den Bezirksgremien wird dann weniger. Und meine Praxis ist von der Kammer grade mal zehn Minuten entfernt. Das passt.
Und wie gestalten Sie Ihre Freizeit, jetzt und in Zukunft?
Erst einmal mit der Familie. Mit vier Kindern zwischen 16 und 29 wird es meiner Frau und mir nicht langweilig. Laufen, Schwimmen, auch mal zusammen mit der Familie. Und natürlich die Kirchenmusik: An der Orgel einen feierlichen Gottesdienst zu begleiten, das ist das Größte.